Der Aufenthalt in Kaufbeuren näherte sich nun seinem Ende, und da wieder Urlaubszeit war, entschieden wir uns dazu, als krönenden Abschluss noch mal eine Fahrt nach Spanien zu unternehmen. Diesmal sollte es über La Arena und Madrid bis Gibraltar gehen. Ein Auto brauchten wir uns nicht zu leihen, denn Norbert war mit von der Partie, und der hatte ja einen VW. Weil wir zu dritt waren, einigten wir uns vorab noch darauf, dass im Falle eines Unfalls die Reparaturkosten gedrittelt würden. Im Nachhinein sollte sich herausstellen, dass mir durch diese Regelung eine Menge Unkosten erspart blieben. Nach einer kurzen Unterbrechung in La Arena machten wir uns auf den Weg nach Madrid.
Weil die Urreagas am Tag unserer Abreise in Bilbao blieben, konnten wir uns leider nicht von ihnen verabschieden. Für den Fall, dass wir Hilfe brauchten, hatten sie eine Notiz mit Adressen in Madrid hinterlassen. Zum Schluss hieß es noch: „We hope we shall see you next year“, woraus aber leider nichts mehr wurde. Wir blieben noch eine Weile in Briefkontakt, der dann aber einschlief.
Irgendwo im heißen spanischen Inland
Kurz bevor wir die Grenze nach Gibraltar erreicht hatten, war der Tank leer. Zum Glück ging es bergab, und wir konnten ohne schieben zu müssen eine Tankstelle erreichen.
Das Ziel unserer Reise – Gibraltar
Auf der Heimreise kam es dann leider zu einem Unfall. Es war sehr heiß, wir waren übermüdet, die Stimmung war gereizt, und wir wollten eine Pause einlegen. Dazu suchten wir eine geeignete Stelle, konnten uns aber nicht einig werden. „Hier können wir halten.“ „Nein, gefällt mir nicht, lasst uns noch ein Stück fahren.“ So ging das mehrmals hin und her, bis mir der Kragen platzte und ich aufs Gaspedal trat. Bei der nächsten Linkskurve ging mir dann nur noch durch den Kopf: Die schaffst du nie! Ich trat noch auf die Bremse (man sieht es an der Bremsspur), dann begann der Abflug.
Was in den nächsten Sekunden geschah, konnte ich anschließend nicht mehr genau rekonstruieren, obwohl es mir so vorkam, als liefe alles im Zeitlupentempo ab. Jedenfalls hatte ich das Gefühl, dass der Wagen irgendwo gegen prallte und sich überschlug.
Die Landung erfolgte ein paar Meter tiefer zwischen Bäumen und Gebüsch. Da der Motor noch lief und es anfing zu qualmen, zog ich den Zündschlüssel ab und schrie „Raus!“, aber raus ging nicht, da sich die Türen nicht öffnen ließen. Zum Glück hatte der VW ein Schiebedach, durch das wir ins Freie klettern konnten. Von der Straße war die Stelle überhaupt nicht einsehbar, und wenn uns etwas Ernsthaftes passiert wäre, hätte wohl niemand Notiz davon genommen.
Das war aber nicht der Fall. Die Knie zitterten zwar noch, doch irgendwie musste es ja weitergehen. Die Frage war nur – wie? Ohne fremde Hilfe war absolut nichts zu machen. Also stellte ich mich auf die Straße, um jemand anzuhalten. Es war kaum Verkehr und dauerte ziemlich lange, bis dann ein Mann und eine Frau auf einem Motorroller anhielten und uns ihre Hilfe anboten. Ein Autofahrer hielt auch noch an, fuhr dann aber weiter, um die Polizei zu benachrichtigen.
Nachdem sich der Motorrollerfahrer einen Überblick verschafft hatte, machte er uns klar, dass wir es mit vereinten Kräften schaffen könnten, den VW wieder aus dem Gehölz zu bringen. Ich war recht skeptisch, aber vielleicht war es ja einen Versuch wert.
Zunächst räumten wir Äste und Gesteinsbrocken rund um den VW weg, so dass er mit allen vier Rädern wieder Bodenhaftung hatte. Dann sollte ich versuchen, irgendwie durch das Gesträuch eine freie Fläche zu erreichen. Ich weigerte mich aber, denn ich hatte mir geschworen, mich nie mehr (zumindest nicht in diesem Urlaub) ans Steuer zu setzen. Die beiden anderen weigerten sich aber ebenfalls – mit dem Hinweis – schließlich hätte ich den Schlamassel ja verursacht, und nun sollte ich sehen wie ich da wieder raus käme. Was blieb mir also anderes übrig, als mich in den Wagen zu setzen, ordentlich Gas zu geben und im wahrsten Sinne des Wortes über Stock und Stein eine Gasse durch das Gehölz zu brechen.
Auf der Strecke – von unten rechts im Bild bis zur freien Fläche im Hintergrund – hätte wohl auch ein Geländewagen seine liebe Not gehabt.
Geschafft! Der Rollerfahrer war richtig stolz auf seine Idee, zu Recht.
Inzwischen war auch ein Polizist eingetroffen. Als er verstand, dass wir mit dem zerbeulten Käfer weiterfahren wollten, lehnte er das strikt ab. Erst als wir ihm hoch und heilig versprachen, nur bis zur nächsten VW-Werkstatt zu fahren, konnten wir ihn umstimmen. Aber wir haben nie eine Werkstatt aufgesucht, denn wir hatten ja einen VW und der läuft und läuft (manchmal auch unter erschwerten Bedingungen).
Ganz so gut lief er allerdings nicht mehr, denn er zog immer nach rechts, und es war schwer, ihn auf Geradeauskurs zu halten. Wie sich später in Kaufbeuren herausstellte, hatte sich der gesamte Wagen derart verzogen, dass eine Reparatur nicht mehr in Frage kam. Eine Vollkaskoversicherung (falls es sie damals schon gab) hatte Norbert nicht abgeschlossen. Wir mussten also den Schaden aus eigener Tasche bezahlen. Obwohl es dann doch noch einige Streitereien gab, einigten wir uns darauf, den Betrag – wie vor Antritt der Reise vereinbart – zu dritteln.
Woher die vielen Beulen kamen ist mir bis heute nicht ganz klar. Äste und Gesträuch allein konnten wohl nicht die Ursache dafür gewesen sein.
Nicht mehr weit bis Kaufbeuren