Nach meiner Bewerbung bei der Bundeswehr bekam ich den Bescheid, dass meine Einstellungsprüfung am 12.September 1960 stattfinden sollte. Die Tests verliefen positiv, und ich konnte meinen Dienst am 03. Januar 1961 beim 5. Luftwaffenausbildungsregiment 2 in Stade antreten.
Mein erster Dienstgrad war „Flieger“, und frisch eingekleidet sah ich dann so aus.
Schon während der Grundausbildung lernte ich Ortwin A. kennen (in der hinteren Reihe, ohne Stahlhelm), mit dem ich bis zu seinem Tod im Jahre 1971 eng befreundet war.
Die Fotos entstanden während einer Gefechtsübung.
Nach Beendigung der Grundausbildung wurde ich Anfang April nach Uetersen zum Fluganwärterregiment versetzt. Dort fand die Vorauswahl und Vorausbildung für das fliegende Personal statt, wozu auch die sprachliche Ausbildung gehörte. Bis Oktober nahm ich an mehreren Englischkursen teil.
Viel Geld verdiente ich zwar nicht, aber es reichte, um mir einen gebrauchten Heinkel-Motorroller zu kaufen. Von Uetersen nach Hamburg war es nicht weit, und da reizte es schon mal, am Wochenende eine Spritztour zu unternehmen. Allerdings lag Hamburg außerhalb des Standortbereiches, den wir nicht verlassen durften.
Trotzdem wagte ich es an einem Samstag. Bis auf die Rückfahrt gab es auch keine Probleme. Aber kurz nachdem ich die Elb-Fähre bei Glückstadt verlassen hatte, gab der Motor seinen Geist auf. Da stand ich nun auf der Landstraße in Uniform, allerdings ohne Schirmmütze, dafür aber mit einem grauen Sturzhelm und leider immer noch etliche Kilometer außerhalb des Standortbereiches. Zum Glück gab es in der Nähe eine Bushaltestelle, und so blieb mir nichts anderes übrig, als den Roller zum nächsten Haus zu schieben, die Leute zu fragen, ob sie ein paar Tage auf ihn aufpassen könnten und dann mit dem Bus nach Uetersen zu fahren.
Ich schaffte es gerade noch rechtzeitig vor Zapfenstreich, die Kaserne zu erreichen. Die Wache schaute etwas verblüfft auf meine ungewöhnliche Uniformzusammenstellung, ließ mich aber passieren. Verlassen des Standortbereiches und möglicherweise Übertreten des Zapfenstreichs, das hätte übel ausgehen können.
Auszug aus einem Brief an Kuddel (Kurt Groth)
Diese Phase ist verdammt hart. Man muss viele Vokabeln und Grammatik lernen. Dafür sehe ich aber, wenn ich ein englisches Buch lese, dass ich fast alles verstehe.
Hier gab es vor einer Woche einen schlimmen Flugunfall. Wir waren in der Pause draußen und hörten plötzlich ein dumpfes Brausen. Dann sahen wir einen Düsenjäger vom Typ F84, dessen Triebwerk ausgefallen war, in niedriger Höhe über unsere Schule fliegen. Der Pilot hatte offensichtlich vor, die Maschine auf einem Feld zu landen. Dann sah er wohl die Stromleitungen, versuchte die Maschine noch mal hochzuziehen, aber da sie schon zu langsam war, kippte sie über die linke Tragfläche ab und krachte auf den Acker. Der Aufprall war so stark, dass es die Maschine in viele kleine Teile zerfetzt hatte.
Eine Maschine vom Typ F84
Im Juni erfolgte meine erste Beförderung. Ab jetzt war ich „Gefreiter“. Gleichzeitig wurde meine Dienstzeit auf 4 Jahre festgesetzt.
Zu einer meiner Pflichtaufgaben gehörte auch die Erlangung des Deutschen Sportabzeichens. Unsportlich war ich ja eigentlich nicht, aber beim 100 m Lauf und beim Kugelstoßen hatte ich doch erhebliche Schwierigkeiten. Glücklicherweise gab es aber die Möglichkeit, auch andere Disziplinen zu wählen. Beim Laufen kam ich mit 400 m wesentlich besser klar, und anstatt des Kugelstoßens konnte ich auf Gewichtheben ausweichen. Eigentlich ein Witz, denn ein Kraftprotz war ich ja nun wirklich nicht. Aber da erwies sich mein Fliegengewicht von 60 kg als Vorteil, denn als Bedingung galt, man musste mindestens 75 % seines eigenen Körpergewichts stemmen. Das waren 45 kg, und die schaffte ich gerade noch. Meine Leistungen waren zwar nicht überragend, aber es reichte für das Sportabzeichen in Bronze.
Im November begann der Unteroffizierslehrgang, der ebenfalls in Uetersen stattfand. Nach Beendigung des Lehrgangs schrieb ich an Kuddel:
Lieber Kuddel,
vorgestern, am 15. war der letzte Tag, die Abnahme des UAL. Du wirst bestimmt staunen, denn ich bin mittlerweile auch Schauspieler geworden. Am Abschiedsabend führten wir einen Sketch auf. Vier Rekruten und ein Unteroffizier sollten sich so verhalten wie zur Zeit des „Alten Fritz“. Ich war einer dieser Rekruten. Da ich den Text, den wir eine Woche zuvor einstudiert hatten, zum größten Teil nicht mehr wusste, gab ich auf die Fragen des Unteroffiziers meine eigenen Antworten. Das hat ihn sehr verblüfft, trug aber wesentlich zur Heiterkeit bei. Anscheinend hat es allen gefallen. Also ein guter Erfolg, ganz nach Deinem Motto, man kann auch aus einer kleinen Rolle etwas machen.
Voraussichtlich werde ich am 8.1. nach Kaufbeuren versetzt. Wie ist die Stimmung am Theater, was hast Du weiterhin vor und wie geht es Dir?
Herzliche Grüße
Dieter
Zum Abschluss des Unteroffizierslehrgangs ein Sketch. Ich sitze links.
In einer Bierzeitung wurde jeder – mehr oder weniger den Tatsachen entsprechend – gewürdigt.
Auch ein „Radfahrer“ wurde entlarvt.